Claire Naudin führt die Domaine seit 1994, deren Ursprung als eigenständiges Weingut unter dem damaligen label Naudin-Deroye in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückführt, die in heutiger Form dann 1964 von ihrem Vater Henri Naudin und ihrer Mutter Liliane Ferrand begründet worden ist. Claire ist eine von drei Schwestern, Marie und Anne, die sie bei ihrer Arbeit phasenweise unterstützen. Burgund ist nach wie vor eine eher patriarchalisch organisierte Gesellschaft. Es ist durchaus nicht selbstverständlich, dass Frauen in den Domains die Hauptverantwortung tragen. Cecile Tremblay und die legendäre Lalou Bize-Leroy sind nach wie vor die Ausnahme.
Die Domaine mit Sitz in Magny-Les-Villers, etwa 10 Kilometer nördlich Beaunes gelegen. Sie umfasst etwa 22 Hektare, darunter einige prestigeträchtige Parzellen in Aloxe, Ladoix, Echezeaux, Nuit St Georges, vier Fünftel jedoch in der regionalen Appellation Hautes-Côtes, mit deren Geburt 1961 sie sich so gut entwickelt hat. Gesamt erzeugt Claire mit sieben Mitarbeiter*innen zwischen 110 und 150 Tausend Flaschen.
Sie arbeitet biologisch-organisch, wenngleich nicht zertifiziert, weil sie in ihren Möglichkeiten frei bleiben will. Sie ist durchaus bereit, auch synthetische Moleküle einzusetzen. In ihrer Erfahrung können sie sehr niedrig dosiert sehr effektiv sein bei äußerst geringer Persistenz im Boden. Sie können manchmal helfen, eine Ernte zu retten. Sie will in der Lage sein, sie zu verwenden, wenn es absolut notwendig ist.
In den Weingärten läßt Clair Gras und verschiedene Kräuter mittlerweile stehen, setzt wenn überhaupt nur Mittel gegen zu stark wucherndes Grün ein, die weder in die Pflanze noch in den Boden eindringen. So schützt sie die essentiellen Mikroorganismen, die den Boden gesund halten, verhindert soweit möglich Bodenerosion gerade in steilerem Gelände und reduziert auf natürliche Weise die Erträge. Gras- und Kräuterwurzeln halten den Boden an Ort und Stelle und schützen ihn vor strömendem Regen, die von den im Boden lebenden Tieren gegrabenen Gänge sorgen für eine bessere Drainage. So bleibt der für die Terroirs so charakteristische Schlick an Ort und Stelle und wird nicht weggespült.
Parallel dazu wird das obere Wurzelgeflecht sanft aufgebrochen und die Wurzeln gezwungen, tiefer zu gehen. Bei starkem Regen nehmen tiefwurzelnde Reben weniger Wasser auf, die Trauben schwellen nicht so stark an, und das Terroir kommt besser zum Ausdruck.
Das Prinzip dabei ist nicht kompliziert: Claire und ihr Team greifen nur dann ein, wenn sie es für unbedingt nötig erachten. Jede Parzelle findet dabei individuelle Aufmerksamkeit. Behandlungen mit Kupfersulfat setzen sie nur ein, wenn eine definierte Toleranzschwelle überschritten wird, die nicht bei Null liegt. So konnten die Spritzungen - die es, wichtig, gerade auch im organischen Weinbau braucht - seit 1995 von 500 Litern auf den Hektar im Jahr auf 180 bis 220 heute reduziert werden.
Die Trauben werden bevorzugt manuell, hin und wieder jedoch auch maschinell geerntet. Sie werden händisch sortiert, ihr Saft im Keller ohne Pumpen nur mittels Schwerkraft bewegt.
Die Weine werden mit ganzen Stielen mittels wilder Hefen fermentiert und langsam und sanft gepresst. Nach Klärung des Jungweins durch natürliches Absetzen der Trübstoffe (Debourbage) reift er, je nach Wein, wird er in teils gebrauchten, teils neuen Barriques auf der Vollhefe ausgebaut und nach der Malo, die seit 2003 regelmäßig einsetzt, bis zur Flaschenfüllung nicht mehr bewegt. Sie fermentiert bevorzugt ganze Trauben, also mit Stengeln und Stielen, auch, weil Stiele beim Pressen den Saftabfluss erleichtern.
Claire verzichtet auf jegliche Additive: keine künstlichen Hefen oder Tannine, keine Enzyme. Auch keine zugesetzte Weinsäure. Ein guter, natürlicher Säuregehalt der Trauben kann nur über akribische Weinbergsarbeit unterstützt werden, über Bodenarbeit und den Ertrag.
Eine Traube, die einen gut ausbalancierten Säuregehalt aufweist, zeigt höchstwahrscheinlich auch andere Qualitäten, Reichtum an Phenolen, Komplexität, aromatisches Potential, denn alles ist miteinander verbunden. Fügt man Weinsäure hinzu, korrigiert man ein Element, jedoch nicht die anderen, und verliert so das Gleichgewicht.
1999 hat Claire ihren ersten Wein ohne die Zugabe von Schwefel in die Flasche gefüllt. Heute arbeitet sie manchmal ohne die Zugabe von Schwefel, manchmal setzt sie ihn gering dosiert ein. Dies ist möglich, weil die Qualität der Trauben durch die sorgfältige, organische Arbeit im Weinberg steigt, durch die Selektion der Trauben nach der Lese zudem nur gesunde Trauben in den Keller kommen.